arte
Dekadenz
Info, Dokumentation • 30.09.2020 • 21:40 - 22:35
Kulturhistoriker Jürgen Wertheimer sieht das Ende des Westens kommen.
Vergrößern
Kunsthistoriker Wolf Eiermann, Leiter des Museums Georg Schäfer in Schweinfurt, betrachtet die Werte des Westens als stabil.
Vergrößern
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2019
Info, Dokumentation
Dekadenz ist der Anfang vom Ende, lautet der Verdacht, für Zivilisationen und Kulturepochen. Doch das ausschweifende Leben von Reichen und Privilegierten ist nur eine Seite der Medaille. Dekadenz und Zerfall reizen in Literatur und bildender Kunst seit Jahrhunderten auch durch ästhetische Widerspruchskraft und die ironische Brechung von Tabus. Die Dokumentation des preisgekrönten Regisseurs Wilfried Hauke beginnt in die Welt der alten Römer an ihrer Lieblingstherme Baia im Golf von Sorrent, erzählt von ihren Gelagen und Gelüsten und folgt dem Mythos vom Untergang der Kulturen über die Kunstepoche der Décadence und des Fin de Siècle bis in unsere Gegenwart. Der Film entdeckt dabei das Dekadente auch als neuen Kampfbegriff der Kulturen. Er trifft dabei auf Kulturhistoriker, Philosophen, Theologen und Soziologen wie Jürgen Wertheimer, Michaël Fœssel, Wolf Eiermann und die Tauchlehrerin Cristina Canoro, die den Zuschauer sowohl in die Römertherme von Baia wie nach Neapel, in die Stadt des Untergangs, führt. Und er begleitet neue Décadences bei ihren Akten der Provokation und des Dandyismus. Der Film zeigt einen radikaler werdenden Moralismus, der aus der eigenen Mitte der westlichen Welt kommt. Selbst im liberalen Mainstream scheint genährt durch aktuelle Untergangsängste kein Platz mehr für sittliche Extravaganzen zu sein, für dunkle Genies wie zum Beispiel noch im 19. Jahrhundert Oscar Wilde, Charles Baudelaire oder Egon Schiele. Zudem lauert Ungemach von einer neuen negativen Strömung politischer Dekadenz: extreme Populisten und Neo-Faschisten beschimpfen den westlichen Lifestyle und die Demokratie als verdorben und reden deren Untergang herbei.