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Im Spitzensport gilt das brutale Prinzip "the winner takes it all" - in anderen Worten "verlieren verboten!" Wie groß ist die Gefahr für auf Sieg getrimmte Top-Athleten, mental abzustürzen, wenn der Traum vom Spitzensport wie eine Seifenblase zerplatzt? Wo bleiben die vielen aussortierten Talente und Verlierer, wenn es allein in Deutschland über 90.000 Profisportler gibt? "Rabiat"-Autorin Lena Oldach spricht mit denen, die für den Sport alles geben und bisweilen gewonnen, aber beim Leben für den Sport auch viel verloren haben. Tausende Talente träumen im Fußball davon, mit Kicken Geld zu verdienen. Aber selbst von den Talenten aus den Kaderschmieden der Klubs schaffen es nur zwei Prozent, sich als Profi zu etablieren. Der 12-jährige Nachwuchstorwart Mathis erzählt davon, wie ihn der Bundesligist BVB gerade aussortiert hat. Sein Privat-Coach Thorsten Albustin hatte sich den großen Traum Bundesliga erfüllt. Aber nur kurz: Erst wurde Albustin als Elfmeterheld gefeiert, dann war er nach einem Patzer plötzlich raus. Karriereende mit Mitte Zwanzig. "Das war hart!", sagt er noch heute, Jahre später sichtlich mitgenommen. Erst entdeckt, dann aussortiert. Das kann den Jungs von der U17-Nationalmannschaft auch noch passieren. Auf den Rängen bei einem Turnier an der Algarve beobachten Scouts aller europäischen Top-Teams den Nachwuchs. Einer von ihnen ist Pablo Thiam, Ex-Fußballprofi und zu dem Zeitpunkt Leiter der Fußballakademie von Hertha BSC. Er lässt sich in die Karten blicken, wie hart und hochselektiv das große Geschäft mit dem Fußball ist, und sagt: "Viele geben alles und schaffen es trotzdem nicht." Talent plus Fleiß gleich Erfolg - so einfach ist das nicht. Siebenkämpferin Louisa Grauvogel hatte es geschafft. Sie war international erfolgreich auf Olympiakurs. Doch dann musste sie die Reißleine ziehen. Sie war körperlich und mental ausgelaugt und kurz vor einem Burnout nicht mehr bereit, für die Chance auf einen Sieg alles zu riskieren. Deshalb ist sie schweren Herzens ausgestiegen - gegen den Willen derer, die wollten, dass sie weitermacht. Jetzt ist ihre große Herausforderung, das selbstbestimmte Leben jenseits von Trainingsplänen und Wettbewerben zu lernen. Emma Malewski ist Turnerin und lebt seit sechs Jahren für ihren Traum von Olympia im Internat in Chemnitz, weit entfernt von ihrer Familie in Hamburg. Sie ist bereit, alles andere hintanzustellen. Freiräume kennt die 18-Jährige, die zusätzlich zur Schule 30 Stunden in der Woche trainiert, nicht. Und Scheu davor, Schmerzen zu ertragen, hat sie auch nicht: "Jede Turnerin hat irgendwas, was ihr weh tut! Immer!" Opfer zu bringen für den Titel, findet sie in Ordnung. Aber sie hat sich nie selbst als Opfer eines Systems mit großem Machtgefälle und harten Trainingsmethoden gesehen. Emma hofft auf Olympia in Paris 2024. Und dass sie nicht irgendwann bereut, dass sie noch nie richtig auf Klassenfahrt oder im Sommerurlaub war oder andere Dinge getan hat, die Teenies normalerweise machen. "Rabiat"-Autorin Lena Oldach ist selbst sportaffin. Sie hat Sportwissenschaften studiert und kehrt in diesem Film auch an ihre Trainingsstätte und zu ihrem Trainer zurück. Nach allem, was sie über das Leben der Profi-Sportler- und Sportlerinnen gelernt hat, ist sie froh, dass ihr Talent für große Träume zu klein war.